Provokation und Reformation
1517 in Wittenberg – im Morgengrauen hämmert es gegen die Kirchentür. Dort, wo sonst die öffentlichen Bekanntmachungen stehen, lesen die Leute kurz darauf Luthers 95 Thesen.
Und brisanter könnten diese nicht sein. Der Mönch formuliert klipp und klar, dass die Kirche noch so viele Ablassbriefe verkaufen kann – keine Sünde wird dadurch vergeben.
Zitat:
„Es irren daher diejenigen Ablassprediger, die da sagen, dass ein Mensch durch Ablässe des Papstes von jeder Strafe gelöst und errettet wird.“
Ein Affront, wurde doch mit diesen Einkünften schon so manches Kirchengebäude renoviert. Aber es wird noch schlimmer:
„Unchristliches predigen diejenigen, die lehren, dass bei denen, die Seelen loskaufen oder Beichtbriefe erwerben wollen, keine Reue erforderlich sei.
http://www.luther2017.de/de/martin-luther/texte-quellen/die-95-thesen/
Man sollte meinen, dass dieser Skandal schon viel früher hätte publik werden müssen. Schließlich hatte Luther eben jene Erkenntnisse bereits in Briefen an Bischöfe und Würdenträger gesendet. Nachdem ihn diese ignoriert hatten, wandte er sich also ans Volk – und trat eine Welle los.
Es folgten diverse Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern, die darin gipfelten, dass er im Januar 1521 exkommuniziert wurde. Kurz darauf wurde er als „vogelfrei“ ausgerufen – man durfte ihn straffrei töten.
Deshalb wurde er von Kurfürst Friedrich dem Weisen auf die Wartburg geholt, wo er als Junker Jörg untertauchte.
Übersetzung im Untergrund
Luther begann dort zusammen mit Melanchthon die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Sein Anliegen dabei war, dass jedermann die Botschaft verstehen und deuten konnte. Dazu verwendete er eine starke, bildhafte Sprache.
Er erfindet zu diesem Zweck sogar eigene Metaphern. Die Ausdrücke „Perlen vor die Säue“; „Lückenbüßer“; „Stein des Anstoßes“ und „die Zähne zusammenbeißen“ gehen auf seine Übersetzungsarbeit zurück. Sogar der Silbenrhythmus für seine Texte war angepasst, so weit ging seine leidenschaftliche Übersetzung.
Ein solch‘ engagierter Übersetzer wäre perfekt in unserem Team!
Publizist und Reformer
Dank des Buchdrucks, kam nicht nur seine Bibelübersetzung, sondern auch andere Werke unters Volk. Damit war es allerdings noch nicht getan: Luther reformierte zudem den Gottesdienst, die Vorschriften für ein gläubiges Leben und den Umgang mit Armut und Not.
Außerdem komponierte er kirchliche und übersetzte lateinische Lieder für die deutschen Kirchgänger.
„Es muß beide, Text und Noten, Accent, Weise und Geberbe aus rechter Muttersprache und Stimme kommen; sonst ist Alles ein Nachahmen wie die Affen thun.“
Ein streitbarer Übersetzer
Die Reformation prägt deutlich das Vermächtnis Luthers. In seinen Übersetzungen finden sich wunderbare Zitate und Wortschöpfungen, die bis heute überlebten. Doch sein Weltbild gegenüber Juden, Türken und Behinderten etwa, hat mit heutzutage gängigen Ansichten nichts mehr zu tun. Eine Seite des Bibelübersetzers, die vielen unbekannt ist. Mehr Informationen zu Luthers Ansichten, bezüglichen Hexen beispielsweise, finden Sie auf dieser Seite.
Am 31. Oktober feiern evangelische Christen den Reformationstag. Inzwischen weist auch die Kirche auf alle missgünstigen Ansichten Luthers hin. Eine Aufarbeitung in den Medien lässt sich ebenso beobachten.
Die Lebensstationen Luthers kann man sogar in einem Spiel nachvollziehen, in welchem man unter anderem frisch übersetzte Bibeln verteilt oder Blitzen ausweichen muss. Lust auf eine Runde Reformation? Dann hier entlang! Eine unterhaltsame akustische Zusammenfassung des Thesenanschlags findet man hier! Zum Anhören und Schmunzeln!
Normalerweise ist der Reformationstag nur dort ein echter Feiertag, wo überwiegend Evangelen leben. Anlässlich des 500-jährigen Jubiläums, soll er nächstes Jahr in ganz Deutschland begangen werden. Allerorts sind dann Feste mit Bezug zur Reformation geplant – man kann also gespannt sein!
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